Nanopoems, inspired by Wordle

Piano
Blues

Mouse
Fairy

Quite
Hoary

Ideal
Youth

Rainy
House

Urine
Shoal

About
Yield

Yeast
Union

Raise
Mould

Shine
Aloud

Quiet
Mayor

Opera
Until

Ocean
Fruit

Saucy
Movie

Not perfect, but worth a try 😉

Flame
Sound

Dream
Cloud

Proud
Thief

Major
Thing

Angry
Voice

Human
Bride

Broad
Thumb

China
Guest

Smile
Today

Great
Hound

Empty
Chair

Story
Fiend

Point
Shear

Nasty
Guide

Heady
Tonic

Weary
Mouth

Mealy
Fruit

Aus dem Leben einer Schriftstellerin

Okay, jetzt weiß ich auch nicht mehr.
Die Diktier-Software hat aus
sorgfältig blondiert
sorgfältig Blon die Erd
gemacht.
Da ist die Künstliche Intelligenz offenbar vom Wörterbuch abgewichen und kreativ geworden.
Unheimlich.

Stories in eight words

Chris won the author triathlon: write, rewrite, publish.

 

„Follow your bliss.“ She did. Never reached it.

„Follow your bliss.“ She did. Eventually caught up.

„Follow your bliss.“ She did. Was pleasantly surprised.

 

What was that sound

The time bomb exploded.

 

The bomb ticked.

The alarm rang.

Nightmare over.

 

It is only a game.

Until you lose.

 

She entered her dark apartment.

“Surprise!” they shouted.

 

Eight words per story? She loved this game.

 

“I tried a new recipe.”

Scorpions?

“Already ate.”

 

“New recipe?”

The poison would kill him quickly.

 

Inspiriert von: https://8wordstories.com/about/

 

Aphorismen

I.

Laubbläser funktionieren zwar nicht so gut wie Besen, sie sind auch weniger umweltfreundlich, aber man kann so viel mehr Menschen damit auf die Nerven gehen.

 

II.

Merkwürdig. Ob Klimakatastrophe, immer neue Corona-Wellen oder Putins Ukrainekrieg. Jeder konnte wissen, dass es passieren würde, aber keiner konnte es ahnen.

 

III.

Die deutsche Sprache ist voller Widersprüche:

Tat -> tätig

Untat ??? untätig

Die Tat eines Täters wiederum ist oft eine Untat.

 

IV.

Ich werde alt. Ich habe nämlich noch eine Zeit erlebt, als wir nur Briefe und Postkarten adressiert haben, aber nicht Probleme und Themen. Und als man dem Verb diskutieren nicht das Adverb kontrovers voranstellen musste 😉

 

V.

Seit ich fast nur noch E-Books lese, finde ich es irritierend, dass man bei gedruckten Büchern nicht am oberen Rand die Uhrzeit ablesen kann und dass man die Schrift nicht vergrößern kann, indem man auf der Seite Daumen und Zeigefinger auseinanderbewegt 😉

 

VI.

Hanlon’s razor besagt: “Never attribute to malice that which is adequately explained by stupidity.”

Auf Deutsch: „Führe nie auf Bosheit zurück, was sich hinreichend durch Dummheit erklären lässt.“

Die Gelegenheiten häufen sich, bei denen ich denke, dass man ganz schön böse sein muss, um so dumm sein zu wollen.

Kirschblüten-Haiku

I.

Kirschblütenblätter

Schweben leicht wie Schneeflocken

Der Wind wiegt sie sanft

 

II.

Natur und Asphalt

Kirschblütenschnee im Windhauch

Japan lässt grüßen

 

III.

Kirschblüten-Haiku

Als Inspiration reicht aus

Ein prächtiger Baum

Die Bahamas-Connection, die ersten drei Kapitel des neuen Cori-Stein-Thrillers

Demnächst erscheint Die Bahamas-Connection, der 7. Cori-Stein-Thriller. Hier könnt ihr schon einmal die ersten drei Kapitel lesen. (Das fertige Buch weicht eventuell an einigen Stellen geringfügig von diesem Text ab. Und ist natürlich besser gesetzt.)

1

Ungeduldig ging Finn Snelsen auf dem sandigen Pfad auf und ab. Hin und wieder kickte er einen Stein ins Gebüsch.
Typisch Jonas. Immer musste er auf ihn warten.
Er wischte sich den Schweiß von der Stirn. Die Sonne würde bald untergehen, aber es war immer noch hochsommerlich heiß. Es drängte ihn, endlich mit dem Motorboot zu ihrem Stützpunkt zurückzufahren. Nach Andros, der größten Insel oder eigentlich größten Inselgruppe der Bahamas, die irgendwie naturbelassener war als New Providence, die Insel, auf der er sich gerade befand. Und er sehnte sich nach der kleinen Forschungsstation dort, die im Moment sein Zuhause war.
Zu dieser relativ einsamen Stelle an der Südküste von New Providence, wo Finn im Moment unruhig auf und ab ging, verirrten sich nur wenige Touristen und auch die hatten inzwischen den Rückweg angetreten. Vermutlich, um in ihren Hotels zu Abend zu essen.
Jonas und Finn kannten den ramponierten Steg, an dem sie ihr kleines Boot festgebunden hatten, von ihren früheren Besuchen und steuerten ihn nun jedes Mal an, wenn sie Proviant kaufen wollten. Sie hatten einen kleinen, aber gut sortierten Laden gefunden, der weniger teuer war als die Geschäfte in Nassau, der Hauptstadt der Bahamas an der Nordküste von New Providence. Die Stadt war eine Touristenhochburg, in der gigantische Kreuzfahrtschiffe morgens ihre menschliche Ladung auskotzten. Es widerte ihn an, wie sich diese Leute ohne Rücksicht auf Verluste überall breitmachten.
Er wünschte, sie würden die Inseln und die Natur Menschen wie ihm überlassen. Menschen, die sie zu schätzen wussten. Und die sie schützen wollten.
Finn liebte die Bahamas, die Hunderte von Inseln umfassten. Nur New Providence mit seinen Menschenmassen konnte er einfach nicht ausstehen. Er konnte es kaum erwarten, seine Forschung über Tiger- und Hammerhaie endlich fortzusetzen. Genau. Jede Stunde, ach was, jede Minute, die sie sich hier unnötig aufhielten, war verschwendet.
Er zog sich zu einem kleinen, verfallenen Haus zurück, das nur einen Raum umfasste. Das Dach war längst verrottet, die Tür und die Fenster leere Öffnungen im Mauerwerk, dessen fleckige rosarote Farbe an vielen Stellen abblätterte und das von Löchern durchsetzt war.
Ob es sich um Einschüsse handelte? Bei früheren Besuchen hatten sie jedoch keine Kugeln in den Vertiefungen entdecken können.
Finn hatte seinen kleinen Rucksack im Schatten auf der nordöstlichen Seite des Hauses abgestellt. Daraus holte er nun eine Plastikflasche hervor. Ja, Plastik war ätzend für die Umwelt, aber so verkauften die Läden das Wasser leider. Er sollte sich jedoch endlich eine bessere Lösung einfallen lassen.
Hastig und in mehreren langen Zügen trank er das lauwarme Wasser. Schon besser.
Sie hatten ihre Einkäufe bereits in dem Boot verstaut, als Jonas, diesem Idioten, plötzlich einfiel, dass er noch unbedingt etwas kaufen musste, das er vergessen hatte. Er hatte Finn so merkwürdig angeschaut. Fast schuldbewusst. Wahrscheinlich war ihm glühend heiß eingefallen, dass Finn am nächsten Tag Geburtstag hatte.
Was wirklich nichts Besonderes war. Ab dem nächsten Tag wäre er 21 statt 20 Jahre alt. So what?
Er steckte die Flasche gerade zurück in den Rucksack, da ließ ihn etwas innehalten. Motorengeräusche. Die schnell lauter wurden. Ein Lkw bog von dem Schotterweg, auf dem eigentlich Jonas endlich auftauchen sollte, auf eine unbefestigte, freie Fläche ein, die offenbar als inoffizieller Parkplatz diente. Ihm folgte ein verschmutzter Pkw, der ebenfalls anhielt.
Zwei Männer stiegen aus dem Lkw aus, ein weiterer aus dem Pkw.
Wie merkwürdig. Was sie wohl hier wollten? Um diese Zeit?
Finn zog sich in den Schatten des Häuschens zurück und wischte sich erneut den Schweiß von der Stirn. Er wünschte wirklich, Jonas würde endlich zurückkommen.
Einer der beiden Männer aus dem Lkw, afrikanischer Herkunft wie die meisten Menschen auf den Bahamas, wandte den anderen beiden Neuankömmlingen den Rücken zu und schaute gelangweilt in Richtung des Stegs und daran vorbei auf das Meer hinaus.
Die Flut hatte zwar inzwischen eingesetzt, doch noch war der Wasserstand nicht so hoch, dass er aus seiner Perspektive das flache Boot sehen konnte, das Jonas und Finn auf der anderen Seite des Anlegers vertäut hatten.
Die beiden anderen Männer standen vor den Fahrzeugen auf der dem Meer zugewandten Seite der freien Fläche und unterhielten sich eindringlich. Der zweite Mann aus dem Lkw war ein Weißer. Er hatte eine Reisetasche neben sich abgestellt und überragte seinen Gesprächspartner um Kopfeslänge. Dieser sah mit seinem schwarzen Haar und Schnurrbart und der ledrig braunen Haut aus wie ein Latino. Und wie jemand, der schon ziemlich alt war. Mindestens 50.
Gerade sagte er etwas und zeigte dabei auf die Reisetasche.
Der andere zuckte die Schultern und machte den Reißverschluss der Tasche auf. Er zog die beiden Seiten auseinander, sodass der Latino hineinschauen konnte.
Unwillkürlich musste Finn an unzählige ähnliche Filmszenen denken.
Da hörte er scharrende Geräusche. Das musste Jonas sein, der die Schotterstraße entlangjoggte und dabei Steine und Sand aufwirbelte.
Finn setzte an, ihn zur Eile anzutreiben. Doch im letzten Moment stoppte er. Etwas hielt ihn davon ab, die Aufmerksamkeit der drei Männer auf sich zu ziehen.
Jetzt konnte er Jonas sehen. Aber statt zu dem Steg oder zu Finn und der Hütte schaute dieser zu dem Weißen und dem Latino hinüber, die anscheinend dabei waren, irgendeinen Deal abzuschließen, ihn jedoch nun ebenfalls fixierten.
Lauf weiter. Zum Steg.
Finn setzte leise seinen Rucksack auf und machte sich bereit, loszurennen.
Doch Jonas blieb auf einmal stehen und starrte den einen der beiden Männer unverhohlen an. What the fuck? Sein Gesichtsausdruck wirkte verblüfft.
„Oh, hallo. So ein Zufall, Sie hier zu treffen“, sagte er und machte einen Schritt auf die Männer zu.
Dabei fiel sein Blick auf die Reisetasche, oder besser gesagt, auf deren Inhalt, den Finn aus der Entfernung jedoch nicht erkennen konnte.
Dann ging alles ganz schnell.
Ohne etwas zu erwidern, zog der Weiße seine Rechte hinter dem Rücken hervor. In der er eine Pistole hielt.
Und schoss.
Auf Jonas.
Der brach zusammen, während sein T-Shirt sich um die Schusswunde in seiner Brust herum blutrot färbte.
Finn stieß einen Schrei des Entsetzens aus und wich zurück.
Was? Wie?
Er fühlte sich benommen. Konnte nicht verarbeiten, was er gesehen hatte.
Der Weiße musste ihn gehört und einige Schritte zur Seite gemacht haben. Denn Finn befand sich nun voll in seinem Blickfeld.
Der Mann hob erneut seine Pistole, zielte auf Finn und schoss.
Die Kugel verfehlte Finn knapp, denn vor Schreck war er unwillkürlich hinter das Häuschen zurückgewichen.
Der Kerl wollte ihn erschießen!
Finn zwinkerte mehrmals kurz hintereinander mit beiden Augen. Mit einem Ruck löste er sich aus seiner Erstarrung und sprintete los.
Es gab nur einen Ort, der ihm Schutz bot. Einen Ort, an dem er sich immer sicher fühlte.
Er rannte zu der hölzernen Anlegestelle, die nur wenige Meter von ihm entfernt ins Meer hinausragte.
Der Killer rief den anderen etwas zu.
Ein Schuss knallte. Dann noch einer.
Haken schlagend raste Finn über den Steg, dessen Bretter unter seinen Füßen vibrierten. Zu seiner Rechten sah er wenige Meter weiter vorn das flache, weiße Boot.
Doch bis er den Außenbordmotor angelassen hatte, wäre er tot. Daran bestand kein Zweifel.
Im Laufen zog er den Rucksack von seinen Schultern und schleuderte ihn zur Seite, wo er im Wasser landete.
Weitere Schüsse und laute Rufe irgendwo hinter ihm. Doch sie drangen kaum noch in sein Bewusstsein.
Er war nun ganz konzentriert. Entspannte sich, wie er es schon Hunderte von Malen getan hatte.
Gleich hatte er das Ende des Stegs erreicht.
Er holte tief Luft.
Und sprang.
Er tauchte ein in das Wasser, das hier auf den Bahamas so klar war wie sonst fast nirgendwo auf der Welt.

2

Konzentriert tastete Cori Stein mit ihrem rechten Fuß nach einem Halt. Etwas weiter oben an der Wand fand sie eine Ausbuchtung, die gerade groß genug war. Sie setzte den Fuß fest auf, verlagerte ihr Gewicht und schob sich ein ganzes Stück nach oben, wo ihre rechte Hand sich festhalten konnte.
Es drängte sie, sich zu beeilen, um ihren Vorsprung zu dem Verfolger zu vergrößern. Doch jede Unachtsamkeit würde sie in Gefahr bringen, in mehr als 15 Metern Höhe so heftig abzurutschen, dass sie sich nicht mehr halten konnte.
Also blendete sie die Geräusche, die um sie herum zu hören waren, und alle Gedanken, die sie ablenkten, aus. Mit ihrer Linken strich sie sich eine Strähne aus dem Gesicht, die in ihr Auge fiel und ihre Konzentration störte. Sie musste alle ihre Sinne auf das eine Ziel ausrichten.
So. Jetzt konnte sie den linken Fuß nachholen und mit der linkem Hand nach weiter oben umgreifen.
Okay, gut. Das hatte geklappt. Wenn sie keinen dummen Fehler machte, hatte sie es bald geschafft.
Etwas weiter unten hörte sie ein Keuchen, das ihr verriet, dass der andere näher kam, aber auch, dass die körperlichen Anstrengungen ihm Probleme bereiteten.
Nicht nach unten schauen. Sie durfte sich nicht ablenken lassen.
Zu spät. Sie hatte begonnen, sich nach oben zu ziehen, doch ihre rechte Hand rutschte in der flachen Vertiefung ab.
Ihr rechter Fuß verlor durch den unerwarteten Ruck, der durch ihren Körper ging, den Halt. Dann auch der linke.
Bis nur noch ihre linke Hand sie hielt. Und ihre Füße in der Luft baumelten.
Unwillkürlich sog sie den Atem ein. Panik drohte ihr Gehirn zu überfluten.
Falsch, ganz falsch.
Sie musste die Kontrolle wiedererlangen. Tief durchatmen. Sie würde es schaffen. Sie konnte das.
Sie nahm ihre ganze Kraft zusammen, ihre Füße scharrten an der Wand, schoben sie nach oben, ein paar Zentimeter, noch einen, bis ihre rechte Hand einen kleinen Vorsprung gefunden hatte und zupackte.
Dieses Mal rutschte sie nicht ab.
Sie wusste, sie hatte genug Kraft in den Armen, dass sie sich halten konnte, bis auch ihre Füße wieder fest auf irgendwelchen Ausbuchtungen standen.
Vorsichtig tastete sie mit ihrem linken Fuß die glatte Fläche ab.
Das laute Atmen des Verfolgers kam näher. Sie konnte ihn aus dem rechten Augenwinkel schon sehen. Sie konnte ihn riechen.
Da. Ihr linker Fuß fand eine Einkerbung, sie schob sich nach oben, hatte schon einen neuen Halt für die linke Hand ins Auge gefasst, wollte …
„Frau Stein“, brüllte eine Stimme von unten.
Sie zuckte zusammen, rutschte ab, verlor den Halt.
Und fiel.

3

Dieser verdammte Idiot! Dieser dumme alte Kerl!
Hilflos baumelte Cori an dem Seil, mit dem ihre Partnerin sie sicherte. Sie gab der Mitarbeiterin der Halle ein Zeichen, sodass diese sie langsam an der Kletterwand entlang nach unten sinken ließ.
Der Mann, der Coris Namen gerufen hatte, war Jon Brecht, der Chefredakteur des KIOSK, einer Zeitschrift, für die sie manchmal als Journalistin arbeitete. Was sie im Moment zutiefst bedauerte.
Sie bis nach London und in ihre Freizeit hinein zu verfolgen. So eine Frechheit!
Sie konnte nur hoffen, dass es um etwas wirklich Wichtiges ging. Etwas von weltpolitischer Bedeutung. Einen drohenden dritten Weltkrieg. Mindestens.
Während sie das Seil von ihrem Klettergurt löste und aus diesem herausschlüpfte, schaute sie den Störenfried finster an.
Doch seine Mimik war nicht selbstsicher und überheblich wie normalerweise. Im Gegenteil: Er war blass und wirkte besorgt. So hatte sie den großen, mächtigen Jon Brecht noch nie gesehen.
Was brachte ihn in die englische Hauptstadt? Es musste etwas ungemein Bedeutsames sein, wenn er sein Büro im Redaktionsgebäude in Hamburg verließ, um persönlich mit ihr zu sprechen. Oder etwas sehr Geheimes.
In diesem Moment schwebte Leo von oben herab, kam rechts von ihr auf dem Boden auf und grinste sie an.
„Ich war als Erster oben“, sagte er in einem auf provokante Weise selbstzufriedenen Ton.
„Mit unfairen Mitteln“, erwiderte sie und betrachtete ihn eindringlich.
Er versuchte zwar, es zu überspielen, doch er wirkte angespannt. So, als habe er sich bis an die Grenzen seiner Kräfte verausgabt und als habe er Schmerzen, wolle aber beides nicht zeigen.
Seine Verletzung machte ihm auch nach Wochen immer noch zu schaffen. Die Verletzung, die er sich durch ihre Schuld eingehandelt hatte.
Wenn man so wollte, war das natürlich ebenfalls ein unfairer Nachteil.
Aber es blieb dabei: Sie hätte gewonnen, wenn Brecht nicht wie ein Verrückter durch die Halle gebrüllt und sie erschreckt hätte.
Apropos Brecht. Sie betrachtete ihn verärgert, aber auch neugierig von oben bis unten. Sein grauer Anzug verriet einen eher konservativen Geschmack. Der Mann selbst war mittelgroß, weder dick noch dünn und sein graues Haar trug er in einem korrekten Kurzhaarschnitt.
Trotz seines durchschnittlichen Äußeren ließ er sich nur schwer ignorieren. Das lag nicht nur an seiner dröhnenden Stimme, sondern an seiner gesamten Ausstrahlung. Er erwartete einfach, dass man ihn und das, was er zu sagen hatte, zur Kenntnis nahm und dass man tat, was er wollte. Bei Cori konnte er da lange warten.
Hatte sie Brecht überhaupt schon einmal außerhalb der Redaktion gesehen? Sie konnte sich an keine solche Gelegenheit erinnern. Immer ging sie zu ihm. Dass er zu ihr kam, und auch noch nach London, in eine Kletterhalle, und all das spontan, ohne Termin, hatte etwas zu bedeuten. Aber was? Vermutlich nichts Gutes.
Oder doch? Eine supergeheime Story?
„Ich bin privat hier“, unterbrach der Chefredakteur des KIOSK Coris Gedanken.
„Privat?“
„Können wir reden?“, fragte er drängend.
Hinter ihm warteten bereits zwei Personen, um ihr Glück an der Kletterwand zu versuchen. Der Mann und die Frau, die Leo und Cori beim Erklettern der fast 20 Meter hohen Wand gesichert hatten, waren diskret zur Seite getreten, schienen jedoch ebenfalls weitermachen zu wollen.
„Meinetwegen“, sagte Cori. „Aber nicht hier.“
Sie konnte ihre Neugier kaum bezähmen. Unter der Dusche und während sie sich in Windeseile umzog, versuchte sie, sich an Details über Brechts Privatleben zu erinnern. Vergebens.
Wie sich herausstellte, wusste sie praktisch nichts über den Mann, den sie seit Jahren aus allen Ecken der Welt mit sensationellen Artikeln belieferte. Sie hatten miteinander, wenn überhaupt, nur über die Arbeit gesprochen und das relativ selten. Coris direkter Ansprechpartner war Carsten Meyer, einer der vielen Redakteure des KIOSK. Solange es nicht um etwas extrem Wichtiges ging. Schließlich war Jon Brecht als Chefredakteur eines weltbekannten Magazins ein viel beschäftigter Mann.
Andererseits war Cori immer für brisante Geschichten gut, weshalb Brecht sie nicht wie andere freie Mitarbeiter seines Hefts völlig ignorieren konnte oder wollte.
Im Laufschritt betrat sie die Cafeteria der Sportanlage, in der Brecht auf sie wartete.
„Also, worum geht’s?“, fragte sie ihn, noch bevor sie richtig saß.
Leo war noch nicht da. Bestimmt föhnte er noch sein Haar oder tat irgendetwas anderes Irrelevantes.
Doch sie hatte ihm Unrecht getan, denn in diesem Moment gesellte er sich zu ihnen. Und er hatte ihr Kaffee mitgebracht. „Schwarz wie die Nacht“, wie er sagte, während er den Becher vor ihr auf dem Tisch abstellte.
In seinem Becher befand sich höchstwahrscheinlich Tee.
Brecht hatte sich bereits selbst versorgt.
Bevor sie ihre Frage wiederholen konnte, antwortete ihr der Chefredakteur endlich. Wie gewöhnlich mit lauter, sonorer Stimme. Er schien sich etwas gefangen zu haben und wirkte ernst und konzentriert. „Es geht um meinen Patensohn. Er ist verschwunden.“
Vielversprechend, sogar irgendwie spannend, aber auch ziemlich vage.
Mit einer Handbewegung bedeutete Brecht Cori, dass er noch nicht fertig war. „Sein Name ist Finn Snelsen. Er studiert Meeresbiologie an der Daytona-Dade University in Miami, Florida, und befindet sich für einen Forschungsaufenthalt auf den Bahamas. Dort ist er vor zwei Tagen verschwunden.“
Cori hatte eine Notizkladde aus ihrer Sporttasche gefischt (eine gute Reporterin war auf alles vorbereitet, vor allem auf eine neue Story) und begonnen, sich Notizen zu machen, wobei das Wasser, das aus ihrem Haar tropfte, die Schrift an einer Stelle schon wieder verschwimmen ließ. Mist.
Sie blickte auf und sah nicht nur, dass Leos dunkelbraunes Haar wie erwartet trocken war, sondern auch, wie sich auf seinem Gesicht bei dem Wort Bahamas ein Lächeln ausbreitete.

Neugierig wie’s weitergeht? Dann könnt ihr hier das E-Book vorbestellen/kaufen.

Noch mehr Haiku

VII.

Die Sonnenblumen

Wachsen über sich hinaus

Gelb-goldener September

 

VIII.

Ganz hoch am Himmel

Fünf grüne Papageien

Singen und kreischen

 

IX.

Blockflötentöne

Sanft plätschernder Regenfall

Sonntagsruhezeit

Der unverhoffte Tod des jungen Rollerfahrers

Ein Kommissar-Kolm-Kürzestkrimi

(Nämlich ein Drabble von genau 100 Wörtern)

Ein Motorradhelm lag auf der verdächtig menschenleeren Straße. Etwas weiter entfernt entdeckte Kolm eine Kokosnuss. Sie musste den Jungen getroffen und ihm den nicht festgeschnallten Helm vom Kopf geschlagen haben. Woraufhin er vermutlich die Kontrolle über seinen Roller verloren hatte und in einer höheren als der zulässigen Geschwindigkeit auf den am Straßenrand geparkten Lastwagen geprallt war.

Der Roller lag halb unter dem Lkw. Den Jungen hatte ein Krankenwagen abgeholt.

„Er hat die Nachbarschaft mit seinem Lärm terrorisiert?“ Kommissar Kolm betrachtete seine Mitarbeiter nachdenklich. „Und jetzt ist er tot?“

Er zuckte die Schultern. „Es spricht wohl nichts gegen einen Unfall. Oder?“

Bei Twitter habe ich erzählt, wie diese Geschichte entstanden ist:

Kreativität—so gut für die seelische Gesundheit 🙂 Während ich auf dem Balkon einen Schreibratgeber lese, nervt ein Junge, der auf seinem kleinen, aber unglaublich lauten Motorroller unten auf der Straße auf und ab fährt. Das Ergebnis? Ein Krimi-Drabble von genau 100 Wörtern 😀

Ergänzung: Ich war in dem betreffenden Moment gerade dabei, in dem Buch “Telling Tales: How to write sensational short stories” von Lynne Barrett-Lee die Passage über Drabble zu lesen 🙂

PS: “Der unverhoffte Tod des jungen Rollerfahrers” ist ja nur eine Fingerübung, mit der ich eine Geschichte in genau 100 Wörtern erzählen wollte.

Einen “richtigen” Kommissar-Kolm-Kurzkrimi könnt ihr hier lesen: Das Geheimnis des toten Fischhändlers.

PPS: Wer meinen Newsletter abonniert, bekommt als Begrüßungsgeschenk das E-Book “Die Detektivin und der Kommissar” mit weiteren Kurzkrimis mit dem gewitzten Kommissar sowie weiteren Storys, die sich um die Privatdetektivin Anja Zenk drehen. Dieses Buch ist nirgendwo sonst erhältlich.

Mein Newsletter informiert euch über Neuerscheinungen, Preisaktionen, Lesungen und anderes Wissenwertes im Zusammenhang mit meinen Thriller- und Krimiprojekten. Win-win sozusagen

Haiku aus Corona-Zeiten

Manchmal dichte ich auch 😉

Am liebsten Haiku[s]. (Der Duden erlaubt beide Pluralformen.)

Hier einige aus 2020 und 2021:

 

I.

Storch auf der Wiese

Natur erobert sich Land

Kein Mensch, nur Ruhe

 

II.

Im Balkongarten

Spatzen hüpfen und picken

Zwitschern mit Inbrunst

 

III.

Eichhörnchen-Besuch

Knabbert Sonnenblumen-Saat

Die kleinen Freuden

 

IV.

Der Mond silbrig hell

Wolken malen weiß im Blau

Die Erde weit weg

 

V.

Zeit vergeht, steht still

Blaues Wasser, roter Stein

Die Bäume warten

 

VI.

Das schwarze Raubtier

Schleicht lauernd durch die Dunkelheit

Gras biegt sich im Wind

 

Auf der Website der Stadt Heidelberg findet ihr drei weitere Haiku von mir.

Das Geheimnis des toten Fischhändlers

Ein Kommissar-Kolm-Kurzkrimi

„Ich liebe diesen Geruch. Sie nicht auch Kästing?“ Hauptkommissar Gernot Kolm strahlte über das ganze Gesicht, als er sich zu seinem Assistenten umwandte.

„Eine Mischung aus Fisch und Verwesung?“, gab dieser trocken zurück.

„Ich bitte Sie, Kästing. Bei Rudi ist alles frisch. Sogar seine Leiche.“ Kolm betrachtete bedauernd den Toten und schwieg pietätvoll. Dann runzelte er die Stirn. „Wo war ich?“

„Fischgeruch.“

„Genau. Schauen Sie nur. Frischer Matjes. Es gibt nichts Besseres. Heute bekommt man ihn im Prinzip das ganze Jahr. Aber da bin ich konservativ. Matjes isst man im Juni, wenn er gefangen wird, und nicht, wann man will. Auch wenn das durchs Einfrieren inzwischen möglich ist. Heute Abend sollte Rudi die erste Lieferung des Jahres bekommen. Er hat mich ganz kurzfristig angerufen, weil er wusste, wie verrückt ich nach Matjes bin.“

Kolm zog einen Fisch aus einem der kniehohen Fässer, legte den Kopf in den Nacken und mit zwei schnellen Bissen hatte er den Matjes verspeist – völlig unbeeindruckt davon, dass ihn im Hinterraum von Rudis Fischgeschäft von der Ärztin bis zu den Leuten von der Spurensicherung alle anstarrten.

„Aber Chef“, stieß Kästing hervor.

„Sie haben Recht, Kästing. Wie unhöflich von mir. Hier, nehmen Sie auch einen. Der beste Matjes in ganz Köln.“ Kolm schob seinem Assistenten das Fass hin, das randvoll war mit silbern glänzenden Fischleibern.

Kästing schüttelte den Kopf. „Nein, danke. Ist mir zu salzig.“

„Dieser nicht. Den lässt Rudi extra aus Holland kommen.“

Kästing konnte sich nicht länger beherrschen: „Das ist Vernichtung von Beweismitteln. Das ist Diebstahl. Das ist einfach eklig.“

„Es ist doch nur ein Doppelfilet mit Schwanzflosse, Kästing. Aber genauso isst man auch den ganzen Fisch. Rudi kauft davon immer extra ein Fässchen – für die Kenner. Hat noch mehr Schmelz. Der ganze Matjes, nicht das Fässchen.“

Er hob einen Deckel an. „Da haben wir sie ja. Gibt es etwas Schöneres? Man nennt Matjes auch Silber der Meere …“

„Was ist das?“ Kästing deutete auf etwas Glänzendes.

Vorsichtig zog Kolm es mit seiner behandschuhten Hand heraus. „Ein Stückchen Alufolie. Na so was. Was hat die denn hier zu suchen?“

Er gab seinen Fund einer Mitarbeiterin der Spurensicherung und fuhr fort: „Wenn ich bedenke, dass ich vor eineinhalb Stunden Feierabend gemacht habe und dann nichts ahnend in den Laden spaziert bin. Und als ich Rudi dann gefunden habe, hier im Hinterraum …“

Doch Kästing beschäftigte etwas anderes: „Ein Glück, dass Sie gleichzeitig mit der Frau des Opfers angekommen sind. Da konnte sich gleich jemand um die Arme kümmern.“

„Eigentlich sind wir an einer Ecke ein paar Querstraßen von hier geradezu zusammengestoßen und dann gemeinsam weitergegangen“, widersprach Kolm. „Aber ansonsten haben Sie Recht. War kein schöner Anblick. Mit dem Feuerlöscher eins über den Kopf und mit der Stirn auf die metallene Schwelle des Kühlraums geschlagen. Sieht aus wie Tötung im Affekt. Stimmt’s, Doc?“

Die Ärztin zuckte die Schultern. „Ja zu Feuerlöscher und Schwelle. Ob Affekt, das geben meine Untersuchungen nicht her. Das ist Ihr Metier.“

„Zum Glück. Wenn die Frau Doktor auch noch Motive und Täter liefern könnte, wären wir arbeitslos, was Kästing? Wenn man bedenkt, dass ich sogar gehört habe, wie der Kerl sich durch die Hintertür davon gemacht hat. – Jedenfalls glaube ich, es war ein Kerl. Gesehen habe ich ja nichts.“

Kolm winkte den Fotografen heran. „Carl. Mach mal ein paar Detailaufnahmen von den Spuren. Hier, sehen Sie, Kästing. Der Kerl hatte ziemlich schmutzige Schuhe. Kein Wunder, bei dem Matschwetter. Überall Abdrücke – und darunter und daneben die Blutspritzer. Hier ist noch etwas.“ Kolm ging in die Knie und schnüffelte. „Riecht wie die Lake vom Matjes. Interessant.“

Er richtete sich wieder auf. „Ich denke, wir haben genug gesehen.“ Genüsslich ließ er ein weiteres Matjesfilet in seinen Mund gleiten. „Was wir jetzt brauchen, ist ein eiskalter Genever. Gehen wir rüber in die Kneipe. Da habe ich auch Rudis Frau Renate hingeschickt mit einer Beamtin, damit sie einen Schnaps trinkt. Also Renate, die Kollegin kriegt keinen Schnaps. Ich schon, denn ich habe eigentlich Feierabend.“

Renate Roth, Rudis Witwe, saß mit einer Beamtin in Zivil in einer Ecke des Lokals. Sie waren durch eine Reihe von Grünpflanzen vor neugierigen Blicken geschützt und hatten jede eine Tasse Cappuccino vor sich stehen.

Kolm kam gleich zur Sache: „Wir haben Fußabdrücke gefunden. Könnten sie von demjenigen stammen, der die Matjes gebracht hat? Wie heißt der Mitarbeiter noch?“

„Sven-Kevin Thews.“ Renate Roth sah Kolm aus verweinten Augen an. „Sven-Kevin arbeitet jetzt schon gut ein Jahr bei uns. Zum Glück. Wir können nicht viel zahlen und die Arbeit ist anstrengend. Da bleibt keiner länger als nötig. Außer Sven-Kevin.“

Ein Blick verriet Kolm, dass Kästing sich unter dem Tisch unauffällig Notizen machte. Kolm nickte. „Gute Mitarbeiter sind wichtig.“ Kästing war bereits aufgestanden und auf dem Weg nach draußen, um zu versuchen, Sven-Kevin per Handy ausfindig zu machen.

„Er hat auch die Fahrten übernommen“, fuhr Rudis Witwe fort. „Der meiste Fisch wird geliefert. Aber den Matjes aus Holland muss Rudi“, sie setzte erneut an, „musste Rudi selbst holen. Er sah nicht mehr so gut, deshalb war er froh, dass Sven-Kevin das gemacht hat.“

„Warum nur sollte jemand Rudi töten?“ Kolm schaute Renate Roth aufmerksam an. „Gab es irgendwelche Probleme?“

Sie schüttelte stumm den Kopf.

„Fehlgeschlagener Raub?“, mutmaßte Kästing, der sich wieder an den Tisch gesetzt hatte.

„So wertvoll ist Matjes auch nicht.“

„Ich meine Geld.“ Kästing verdrehte innerlich die Augen. Manchmal dachte der Chef erschreckend eingleisig. „Die Kasse wurde zwar anscheinend nicht angerührt. Aber Sie haben den Täter ja auch überrascht, Chef.“

„Andererseits ist er aus dem Hinterraum abgehauen und die Kasse ist vorn im Laden.“ Kolm wandte sich wieder Rudis Witwe zu. „Sag’ mal Renate. Ich darf doch Renate sagen?“

Die Frau nickte.

„Sag’ mal Renate. Wie war denn eure Ehe?“

Renate Roth brach in Tränen aus.

„Wir“, sie schluchzte, „wir wollten im nächsten Monat silberne Hochzeit feiern. Ogottogottogott.“

Kolm tätschelte unbeholfen ihre Schulter. „Vorn im Laden lagen ein paar Prospekte für Kreuzfahrten. Wolltet ihr euch eine Reise zur Silberhochzeit gönnen?“

Jetzt strömten die Tränen noch heftiger über das Gesicht der Frau. Die Beamtin reichte ihr neue Papiertaschentücher. Schließlich nickte die Witwe. Ja, sie wollten auf Kreuzfahrt gehen.

Kolm fragte nachdenklich: „Kein Raub? Keine Eifersucht? Was dann?“

Kästing antwortete nicht. Stattdessen lehnte er sich vorsichtig zurück, um einen besseren Blick auf die Theke zu haben. Aufgeregt tippte er Kolm an. Er flüsterte seinem Chef etwas zu und zeigte ihm erst ein Foto auf dem Display seines Handys und deutete dann zum Tresen.

Leise erhoben sich Kolm und Kästing. Als sie die Bar erreichten, sagte Sven-Kevin Thews gerade zum Wirt: „Ich hab einfach mein Handy abgestellt. So können sie mich nicht finden. Klar, morgen melde ich mich bei den Bullen und bin total geschockt. Aber heute will ich erst noch was von dem Stoff verticken. – Was? Was guckst du so komisch?“

Kolm legte ihm eine Hand auf die Schulter. „Darf ich mich vorstellen: Hauptkommissar Kolm.“ Kästings Hand befand sich auf Sven-Kevins anderer Schulter und gemeinsam mit Kolm drückte er ihn zurück auf den Barhocker.

Kolm rief: „He, Renate. Das ist doch Sven-Kevin, oder? Na also. Kästing, habe ich schon mal meine Theorie erwähnt …“

„Dass der durchschnittliche IQ eines typischen Kriminellen nicht höher ist als seine Schuhgröße?“, unterbrach Kästing seinen Chef. „Ja, so ein- bis zweitausendmal.“

„Also, Sven-Kevin“, Kolm erhöhte den Druck auf die Schulter des Mannes. „Sie haben nicht nur Fisch aus Holland geholt, sondern auch Drogen geschmuggelt. Die Tütchen schön in Alufolie verpackt und unter dem Matjes versteckt. Da haben unsere Drogenhunde natürlich keine Chance.“

„Und als Rudi das gemerkt hat, haben Sie ihn erschlagen“, ergänzte Kästing.

„Da-das war ich nicht.“ Sven-Kevin stotterte vor Aufregung. „Gut, das mit den Drogen stimmt. Ich wollte die Fässchen gerade wegräumen, da habe ich Rudi entdeckt. Aber er war schon tot. Dann kam jemand, ich hab’ mir das Päckchen geschnappt und nichts wie weg.“

„Dumme Ausreden“, fuhr Kästing ihn an.

Aber Kolm widersprach: „Leider nein. Die Spuren am Tatort bestätigen seine Aussage. Die Lake, die von dem Drogenpäckchen auf den Boden getropft ist, und vor allem die Schuhabdrücke, die alle über dem Blut waren. Kein einziger darunter. Das heißt, der Mord ist geschehen, ehe Sven-Kevin den Raum betrat. Nicht wahr, Renate?“

Kolm setzte sich wieder zu der Witwe an den Tisch. Kästing packte Sven-Kevin und folgte seinem Chef. Der fuhr fort: „Als ich dich traf, warst du nicht auf dem Weg zum Geschäft, sondern kamst gerade von dort, nicht wahr?“

Renate Roth seufzte. „Ich habe die Prospekte vom Reisebüro in seinem Schreibtisch gefunden. Und ich dachte tatsächlich, es sollte eine Überraschung zur Silberhochzeit sein. Rudi war manchmal etwas unpraktisch. Deshalb bin ich sicherheitshalber beim Reisebüro vorbeigegangen. Und die Kleine da erzählt mir ganz naiv, dass unter unserem Namen nur eine Reise für eine Person gebucht ist. Eine Weltreise. In zwei Wochen sollte es losgehen. Ich natürlich hin zum Laden und Rudi zur Rede gestellt. Erst hat er rumgedruckst, aber dann hat er gesagt, er wollte aussteigen, die Welt sehen, neu anfangen, ohne mich. Aus und vorbei – und keine Feier zur Silberhochzeit. Wie hätte ich denn dagestanden? Da bin ich ausgerastet und habe mit dem Erstbesten, was ich finden konnte, zugeschlagen – mit dem Feuerlöscher. Rudi fiel, und plötzlich war er tot.“

Sie holte Luft und schaute die beiden Polizisten an – eher ratlos als betroffen.

Nachdem Renate Roth und Sven-Kevin Thews ordnungsgemäß verhaftet worden waren, rieb Hauptkommissar Kolm sich die Hände: „Und wieder ein Fall gelöst.“

Doch dann verdüsterte sich seine Miene: „Bleibt nur eine Frage: Wo bekomme ich von nun an meinen Matjes her?“

Dieser Kurzkrimi ist zuerst in der Anthologie “Matjes – mild bis makaber” (Deich Verlag, Wewelsfleth 2009) erschienen.

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